Dopingprävention: Projekt No2Doping

Entwicklung und Evaluation eines wertebasierten Dopingpräventionsprogramms im Nachwuchsleistungssport – Projekt No2Doping

2018 wurde an der Universität Leipzig mit der Entwicklung eines Doping-Präventions-Forschungsprojektes begonnen, das Anfang 2019 Fahrt aufnahm. Es handelt sich um ein Forschungsprojekt mit dem Ziel Jugendliche an Schulen über die Gefahren und Folgen des Dopings aufzuklären. Dabei geht es vor allem darum, herauszufinden, wie vielversprechend die Ansprache moralischer Variablen, Werte, die hinter dem dopingfreien Sport stehen, in der Dopingprävention ist. Dazu werden Vergleichsgruppen mit unterschiedlichen Herangehensweisen gebildet und die Erfahrungen ausgewertet. Das Projekt findet in Kooperation mit der NADA statt.

spowi.uni-leipzig.de:Neue Methoden der Dopingprävention im Test, 12.7.2021

In der am 25.4.2024 erschienenen Zusammenstellung BISp- Forschungsförderung 2022/2023 wird das Projekt, das 2022 abgeschlossen wurde, vorgestellt.:

Entwicklung und Evaluation eines wertebasierten Dopingpräventionsprogramms im Nachwuchsleistungssport – Projekt No2Doping,
ab S. 118

Zitate:

Problemstellung
Um die Wahrscheinlichkeit von Doping zu minimieren, ist der Einsatz von evaluierten Dopingpräventionsprogrammen – bereits im Nachwuchsleistungssport – von höchster Bedeutung. Bisherige Präventionsarbeit im deutschsprachigen Raum beschränkte sich größtenteils auf die Vermittlung von Faktenwissen zum Thema Doping, wie beispielsweise zu den gesundheitlichen und rechtlichen Folgen von Doping. Jedoch scheint eine reine Wissensvermittlung nicht auszureichen, um Dopingabsichten und tatsächliches Dopingverhalten von Athlet:innen zu verringern (Backhouse, 2015). In dem International Standard of Education (ISE, WADA, 2021) hebt die World Anti-Doping Agentur die Notwendigkeit von Dopingpräventionsprogrammen, welche über die Vermittlung von Wissen und Fakten hinausgehen und einen wertebasierten Ansatz verfolgen, hervor. Ziel des No2Doping-Projektes war es daher, ein Interventionsprogramm zu entwickeln, welches Werte und moralische Variablen, die empirisch mit Doping assoziiert sind, in den Vordergrund stellt und diese gezielt adressiert.

5 Diskussion
Das No2Doping-Projekt verfolgte mit der hier dargestellten Interventionsstudie die Entwicklung, Implementierung und Evaluation einer wertebasierten Anti-Doping-Intervention, welche sich auf Variablen stützt, die empirisch mit Dopingabsichten und Dopingverhalten assoziiert sind (Kavussanu et al., 2020; Ntoumanis et al., 2014). Die Ergebnisse unterstützen vorherige Befunde aus Studien aus dem englischsprachigen Raum (Kavussanu et al., 2021, 2022), dass eine solche Intervention, die über eine reine Wissensvermittlung hinaus geht, das moralische Disengagement von Athlet:innen senken und die Fähigkeit, Schuld zu antizipieren, steigern kann. Der Effekt des reduzierten moralischen Disengagements der Teilnehmenden der wertebasierten Bedingung blieb auch drei bis vier Monate nach Beendigung der Intervention bestehen und liefert somit Hinweise, dass unsere Intervention nachhaltige Effekte auf diese Variable hat. Darüber hinaus konnte eine gesteigerte Empathiefähigkeit der Teilnehmenden der wertebasierten Intervention zum Follow-Up-Zeitpunkt, jedoch nicht unmittelbar nach der Intervention, verzeichnet werden, was bedeuten könnte, dass der Interventionseffekt dieser Variable mit einer zeitlichen Verzögerung einsetzte. Entgegen unserer Erwartung ergaben sich keine signifikanten Effekte für Dopingsuszeptibilität, Dopingabsicht und die kollektiv-moralischen Normen. Für beide erstgenannten Konstrukte zeigte sich allerdings ein Trend, dass beide Variablen leicht reduziert werden konnten, dieser Effekt jedoch nicht signifikant auf dem 5%-Niveau (95% CI) war (siehe Tabelle 3). Für die kollektiv-moralischen Normen, welche sich im Laufe der Zeit in einer Gruppe bzw. einem Team entwickeln, scheint eine einzige Interventionseinheit, die dieses Konstrukt adressiert, nicht ausreichend zu sein, um Veränderungen herbeizuführen.

In einer zukünftigen Studie sollten neben der quantitativen Erhebung zur Evaluation auch qualitative Maßnahmen zur Prozessevaluation sowie zur Einschätzung der Athlet:innen konkreter Interventionsinhalte miteinbezogen werden. Als vorläufigen Einblick in eine Inhalts und Prozessevaluation dient jedoch zum jetzigen Zeitpunkt bereits das qualitative Feedback der Teilnehmenden der beiden Pilotstudien (Präsenz und Online). Darin gaben die Sportlerinnen und Sportler an, dass sie ihre Teilnahme am Programm als äußerst benefizial einschätzten und, zum Beispiel, nun besser in der Lage seien, über die Entscheidungsfindung bezüglich Doping zu argumentieren; etwas über ihre persönlichen Werte und die Werte der Gruppe gelernt zu haben; über ihre Gefühle und Einstellungen reflektiert zu haben; oder auch über die Konsequenzen, die Doping für andere hat, nachgedacht zu haben.

Zusammenfassend zeigte unsere Studie, dass, von einer quantitativen Perspektive aus gesehen, die wertebasierte Intervention Veränderungen in einigen, jedoch nicht allen der adressierten dopingassoziierten Variablen herbeiführen konnte. Mit der NADA als Kooperationspartner unseres Projektes ist die Nachnutzung der Studienerkenntnisse gewährleistet, und zwar in der Form, dass Elemente der wertebasierten Intervention in die Präventionsarbeit der NADA mit einfließen sollen. Darüber hinaus sollen aber auch Sportvereine, -verbände und -schulen direkt von den entwickelten Materialen profitieren und diese zur wertebasierten Dopingprävention weiternutzen können. Gerade in Eliteschulen des Sports sehen wir großes Potenzial, Teile des Programmes, wie die Einheit zum moralischen Disengagement, beispielsweise im Ethikunterricht in den Themenbereich Anti-Doping zu integrieren. Um den Transfer zu vereinfachen und die Nachnutzung zu gewährleisten, ist aus den Ergebnissen und Erfahrungen der Interventionsstudie ein Manual zur Umsetzung von wertebasierter Dopingprävention entstanden. *

* Das No2Doping-Manual kann bei Interesse beim Institut für Sportpsychologie und Sportpädagogik, Universität Leipzig, Sportwissenschaftliche Fakultät, angefordert werden.