Doping: weitere DDR-Mediziner

Deutsche Ärzte und Doping

Ärzte der DDR

>>> Einzelportraits von DDR-Ärzten

kurze Notizen zu weiteren Medizinern der DDR, die mit dem Dopingsystem in Berührung kamen

– Binus, Dieter Dr.
– Donath, Rolf Dr.
– Eißmann (Eissmann), Hans Jörg Dr.
– Freiberg, Dietbert
– Gleichmann, Peter Dr.
– Kämpfe, Ulrich Dr.
– Kögler, Karin Dr.
– Köhler, Eberhard Dr.
– Krocker, Bodo Dr.
– Prochnow (Ferkl), Thomas Dr.
– Rösler, Doris
– Tausch, Horst Dr.

Binus, Dieter Dr.

Dieter Binus war mindestens seit 1976 Arzt beim SC Dynamo Berlin und dem hier angesiedelten SMD Dynamo.

Aus dem Jahr 1977 liegt ein ausführlicher Bericht über einen Anabolika-Großversuch in der Schwimmnationalmannschaft vor. Berichtet hatte IMS ‚Rolf‘ (>>> Lothar Kipke). Eingeleitet wurde der Versuch am 11.11.1976 auf einer internen Arbeitsgruppensitzung am FKS „auf der die Prinzipien der Anwendung von UM im Schwimmverband festgelegt wurden“. Teilnehmer waren Prof. Dr. Schramme (Verbandstrainer), Dr. Kipke (Verbandsarzt), Dr. Schäker (FKS) und Binius (Arzt beim SC Dynamo, Binus wird hier mit dem Namen Binius aufgeführt). Die erarbeitete Konzeption wurde an Manfred Höppner (SMD) weitergeleitet. Daraus ergab sich ein Großversuch, der 1977/78 durchgeführt wurde.

Betroffen waren 28 Mädchen und Frauen und 48 Männer. 11 Sektionsärzte sowie die Cheftrainer und Trainer der ausgewählten Trainingsgruppen waren einbezogen. Dieter Binus nahm in seiner Eigenschaft als Sektionsarzt der ‚Sportärztlichen Hauptberatungsstelle des SMD Dynamo‘ daran teil.

Als Prinzipien wurden festgehalten:

„- bei Sportlern unter 18 Jahren wird die Legende Verabreichung von Vitaminen angewendet, d.h.alles geschieht ohne Wissen der Betroffenen.

– Sportler über 18 Jahren werden in die Problematik einbezogen und vom Trainer mündlich zum Schweigen verpflichtet.“

Ermittelt werden sollten u.a. die individuellen Anstiegs- und Abklingraten der Substanzen, das Verhalten des körpereigenen Testosteronspiegels, die Ermittlung der Leistungswerte. Beteiligt an den Versuchen waren u.a. die Trainer Warnatzsch, Gläser, Krause, Hübner, Sack, Vorpagel, Herberg, Leopold, Neumann, Rosenkranz, Freyer, Fricke, Henneberg. (Spitzer, Doping, S. 282ff, siehe auch der Spiegel, 18.8.1997)

1998 musste sich Dieter Binus vor dem Berliner Landgericht in einem gemeinsamen Verfahren mit Schwimmtrainer Rolf Gläser verantworten. Genaue Angaben über die Vergabe von Dopingmitteln machte Binus nicht.

„Jedoch habe er das Medikament nicht direkt verabreicht, sondem es in den Originalverpackungen an die Coaches weitergegeben, die es den Schwimmerinnen verabreicht hätten. Dieses sei auf Weisung des leitenden Sektionsarztes Dr. Lothar Kipke geschehen. Die Dosierung habe pro Jahr über einen Zeitraum von drei bis vier Wochen jeweils eine Tablette a 5 bis 10 Milligramm betragen. Über die gesundheitlichen Spätfolgen sei sich der Mediziner nicht im klaren gewesen. Er habe der Fachliteratur lediglich entnommen, dass verstärkter Haarwuchs am Körper sowie eine Stimmvertiefung die Folgen der Einnahme hätten sein können. Er, Binus, sei sich aber sicher gewesen, dass bei der Höhe der Dosierung keine solche Folgen eintreten würden.

Über das männliche Hormon Testosteron, das injiziert wird, habe sich ‚Binus mit einigen‘ Medizinerkollegen ausgetauscht und dessen Gebrauch wegen zu befürchtender Gesundheitsschäden abgelehnt. Auch sagte Binus aus, dass er bereits 1980 wegen sportpolitischer und privater Differenzen um einen Ausschluss vom sportmedizinischen Dienst ersucht habe, ein offizielles Ausscheiden ihm aber nicht ermöglicht worden sei. Nach 1980 habe er sich verstärkt seiner Promotion gewidmet und immer weniger Sportler betreut. Binus schied am 31. 3. 1986 als Arzt bei Dynamo Berlin aus.“ (svl.ch, 7.7.1998, Berliner Zeitung, 21.4.1998, Berliner Zeitung, 7.5.1998)

Dieter Binus wurde Ende August 1998 wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen sowie wegen Beihilfe zur vorsätzlichen Körperverletzung in sieben Fällen zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 100 DM verurteilt. In der Urteilsbegründung zu Dieter Binus und Rolf Gläser heißt es, dass beider Verhalten nach DDR-Recht rechtswidrig gewesen sei. Binus könne aber „nicht als Mittäter des Angeklagten Gläser (…) gelten, sondern nur als dessen Gehilfe (…).“ Beide, Gläser und Binus hatten durch ihre Angaben zur Sachaufklärung beigetragen, aber diese seien nicht als ‚rückhaltlose Geständnisse‘ zu werten und somit käme ihnen keine strafmildernde Wirkung zu:

„zum einen waren sie verharmlosend, zum anderen haben die Angeklagten durch den späten Zeitpunkt der Einlassungen ihren Opfern nicht eine quälende Befragung und ärztliche Untersuchung erspart. Zugunsten des Angeklagten Gläser sprach seine gegenüber den Zeuginnen ausgesprochene Entschuldigung. Er war – bis zum Abschluss des Verfahrens – der einzige, bei dem überhaupt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit erkennbar geworden ist.“

„… [Es] viel zu Lasten der Angeklagten ins Gewicht, daß sie die Gesundheit der jungen Sportlerinnen nicht nur nach dem Grundsatz „Sieg um jeden Preis“, sondern teils auch aus Eigennutz aufs Spiel gesetzt haben, um ihre privilegierte Stellungen nicht zu verlieren. Beide haben das Vertrauen der Ihnen unmittelbar anvertrauten jungen Menschen und den Eltern mißbraucht. Gegen den Angeklagten Dr. Binus sprach zudem der Umstand, daß er bewußt und in gravierendem Umfang gegen ärztliche Pflichten und Ethik verstoßen hat.“ (zitiert aus dem Urteil vom 31.8.1998, abgedrückt in Seppelt/Schück, Anklage: Kinderdoping, S. 389ff)

Donath, Rolf Dr.

Medizinalrat Dr. med. Rolf Donath war über viele Jahre Mitglied des Zentralen Forschungsinstituts des Zentralen Medizinischen Dienstes (ZMD) in Kreischa. In den 70er Jahren war er Disziplingruppenarzt für den Mittel- und Langstreckenlauf. Die Wende erlebte er als Direktor des ZMD der DDR. Am 24.1.2010 wurde Rolf Donath 81 Jahre alt.

Dr. Donath gehörte Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre zu dem ausgewählten Kreis von 15 Personen die für den Deutschen Verband für Leichtathletik der DDR (VLfL) bestimmten, wer von den Hochleistungsathleten ‚Unterstützende Mittel‘ erhalten sollte. Zudem war er neben Dr. Höppner, Dr. Wendler und Dr. Pahlke befugt, die Mittel zu verteilten (wurde so exklusiv aber in der Realität nicht eingehalten) (Spitzer, Doping in der DDR, S. 33). 1975 war er Mitglied der „Ärztekommission“ des DVfL und damit maßgeblich an der Entwicklung des DDR-Staatsdopings beteiligt. (Spitzer, S. 35f)

Donath befürwortete recht schnell nach der Maueröffnung eine Vereinigung des Sports. So sprach er sich am 5.2.1990 im Sportgespräch des „Deutschlandfunks“ für eine gesamtdeutsche Olympiamannschaft aus. (DOSB, 19.7.2006)

Eißmann (Eissmann), Hans Jörg Dr.

Dr. Hans Jörg Eißmann (Eismann) arbeitete von 1977 bis 1990 als Verbandsarzt des DFV der DDR. Von 1979 bis 1986 war er Mitglied der Antidoping-Studiengruppe der UEFA, von 1986 bis 1998 Vorsitzender der Medizinischen Kommission der UEFA, von 1998 bis 2000 deren Berater und ab 2000 Dopingkontrolleur der UEFA.

Nach der Wende arbeitete als Antidoping-Beauftragter des DFB.

Laut Giselher Spitzer existieren Akten, wonach 1983 der Verbandsarzt mit Generalsekretär und Clubärzten den Einsatz der Psychopharmaka Sydnocarp und Aponeuron für das Länderspiel gegen Polen abgesprochen hatten, doch der Eißmann stritt dies später ab. 2002 wurde Eißmann von dem Vorwurf in eine „Dopingkonzeption im DDR-Fußball“ verstrickt gewesen zu sein, entlastet. (DFB, 1.2.2002)

Fußballtrainer Jörg Berger, 1979 in den Westen geflohen, erzählt in seiner Autobiografie eine Episode, wonach er gesehen hat, wie Arzt Eißmann jungen Fußballern bunte Pillen verabreicht.

„In der Zeit, in der ich die Juniorenauswahl trainierte, hatte ich immer wieder mit einem Sportmediziner zu tun. … Einmal bekam ich mit, wie er nach dem Mittagessen bunte Pillen an meine meist achtzehnjährigen Spieler verteilte. Von Harriet [Bergers Frau] wusste ich, dass den jugendlichen Schwimmern „unterstützende Mittel“ in Tablettenform verabreicht wurden. Was es genau war, musste man nicht. Selbst wenn man bezweifelte, dass es sich einzig und allein um Vitamine handelte – man nahm es hin. So waren wir nun einmal erzogen worden. Aus heutiger Sicht spricht vieles dafür, dass es sich um Doping gehandelt hat.“

1993 begegnet Jörg Berger dem Mediziner Eißmann im Westen. Der Trainer nahm mit seinem Team von Schalke 04 an einem Hallenturnier in Leipzig teil, bei dem Dopingkontrollen angesetzt worden waren. Ein Arzt hatte die Auslosung der Spieler vorzunehmen.

„Als die Lose verteilt wurden, trat ebenjener Mann in unsere Kabine, der einst in der Juniorenauswahl die „Vitamintabletten“ verteilt hatte. Zur Mannschaft gewandt, stellte er sich vor: „Ich bin der Doping-Beauftragte des Deutschen Fußball-Bunds.“ Mit Mühe riss ich mich zusammen und zischte nur: „Raus hier aus unserer Kabine, sonst gibt’s Ärger. Ich konnte kaum glauben, was ich gerade erlebt hatte. … Welch ein Hohn!“ (J, Berger, Meine zwei Halbzeiten)

„Er [Eißmann] war jemand, der ganz vorne weg ging zu DDR-Zeiten. Der die Fahne ganz hoch hielt und der skrupellos war in dieser Richtung und als er dann im Auftrag des DFB kam, habe ich fast den Glauben verloren.“(dradio, Sportgespräch, 15.3.2009)

Dr. Hans Jörg Eißmann arbeitete nach der Wende am DFB-Trainingszentrum in Leipzig. 1994 erschien unter seinem Namen im ‚Handbook of sports medicine ans science (Soccer)‘ ein Artikel zur Dopingproblematik und dem FIFA-Reglement: Chapter 18, Doping, S. 215f

Im Jahr 2006 wird Eißmann für seine 27jährige Mitarbeit bei der UEFA geehrt. Von Dr. Urs Vogel erhielt er eine Erinnerungsplakette (UEFA 8/06).

Freiberg, Dietbert

Dietbert Freiberg gehörte dem Sportmedizinischen Dienst (SMD) der DDR an. Er war an der Pro-Doping-Forschung beteiligt und bestens informiert, wie Teilnehmerlisten zeigen. (Spitzer, S. 85/106) Zudem hatte er 1977 die Dopingkontrollpraxis am Dopingkontrolllabor Kreischa, das dem SMD unterstellt wurde, mit zu organisieren.

Facharzt Dietbert Freiberg wurde im 21. Juni 1999 vom Amtsgericht Berlin wegen Beihilfe zur Körperverletzung in 72 Fällen zu sechs Monaten auf Bewährung verurteilt.

„Der heute 56 Jahre alte ehemalige Facharzt ohne Doktortitel (…) beteiligte sich während seiner Amtszeit zwischen September 1977 und Juni 1984 an der Vergabe von Anabolika an Spitzensportlerinnen aus den Bereichen Schwimmen und Leichtathletik. Der Verurteilte beschaffte die Hormonpräparate und wirkte an der Vergabe mit. Außerdem habe er Vorträge im Leichtathletik- und Schwimmverband der DDR zur Doping-Anwendung gehalten, ermittelte die Staatsanwaltschaft.“ (der Spiegel, 21.6.1999)

Gleichmann, Peter Dr.

Henner Misersky:
Antje Misersky:
„Ich höre noch, wie Peter Gleichmann, der leitende Sportarzt im Bezirk Suhl, zu meiner Schwester gesagt hat, sie sei „biologisch minderwertig“. Meinen Vater hat er aufgefordert, das Training zu „brutalisieren“. Die Wortwahl erinnert an die Sprache des Dritten Reichs.“

Wintersportleistungszentrum Oberhof ( 14.10.1995; Süddeutsche Zeitung): Nach der DDR-Öffnung wurde ruchbar, daß die Schüler hier systematisch gedopt wurden. Jedoch setzt sich der Direktor zur Wehr:“Gedopt sollen wir haben in Oberhof, wer daran glaubt, ist selber doof.“ Die Ermittlungen stocken, da niemand der ehemaligen Sportler das Schweigen bricht aufgrund der von ihnen unterschriebenen Verpflichtung für das Kadertraining der KJS:“Über alle internen Fragen und die Gestaltung des Trainings werde ich während meiner Mitgliedschaft und auch nach dem Ausscheiden aus dem ASK und der KJS strengstes Stillschweigen wahren.“ Nun muß die Gauck-Behörde Licht in die Angelegenheit bringen. Laut Stasi Akten des Majors Hößrich hatte dieser weit über 50 Mitarbeiter in Oberhof, wobei die Dopingmittel unter Pseudonymen in den Akten auftauchen. Schwer wiegt zudem die Tatsache, daß viele ehemalige Mitarbeiter noch heute in Oberhof tätig sind.

Sportmediziner Dr. Peter Gleichmann leitete von 1980 bis 1990 eine Abteilung der Sportmedizinischen Haupt-Beratungsstelle Suhl/Zella-Mehlis an der Kinder und Jugendsportschule Oberhof. Als IMS mit dem Decknamen „Werner Zimmer“ soll er die Stasi von 1970 bis 1989 über das Oberhofer Wintersportgeschehen informiert haben.

Gleichmann geriet unter Verdacht von Doping an der FKS gewusst zu haben.

„Als Belege für Doping bei Minderjährigen an der damaligen KJS sollen 85 Karteikarten gelten, die aber verschollen sind. Dieser Zeitung liegen zwei amtliche Übergabeprotokolle der DDR-Generalstaatsanwaltschaft Berlin vor. Unter dem Datum vom 2. August 1990 bestätigt die Behörde den Empfang der Karteikarten und schreibt dazu: „Diesen Unterlagen ist zu entnehmen, daß es sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht um korrekte Verabreichung medizinischer Mittel an dieser Einrichtung (die KJS, die Redaktion) handelt.“ Die Staatsanwaltschaft Meiningen ermittelt in diesem Fall schon seit mehreren Jahren. Die Staatsanwaltschaft Meiningen ermittelt in diesem Fall schon seit mehreren Jahren.“ Gleichmann wurde befragt, doch gab an nichts darüber zu wissen. „“Eine solche Kartei kenne ich nicht, und die kann es auch gar nicht geben, da wir an der KJS Oberhof kein Doping durchgeführt haben“, sagte Gleichmann Anfang Februar im „Mitteldeutschen Rundfunk“.“

Dem widerspricht Henner Misersky, Biathlontrainer, dessen Tochter Antje 1992 Gold bei den Olympischen Spielen gewann:

„Im Oktober 1984, vor einem Auswahllehrgang der Langläufer in Kiruna, informierte mich Dr. Gleichmann über eine geplante Verabreichung von ,Oral-Turinabol‘ an meine damals 17 Jahre alte Tochter Antje während des Trainingslagers. Für diesen Hinweis bin ich Gleichmann noch heute dankbar. So konnte ich meine Konsequenzen als Vater ziehen und meine Tochter vor der Einnahme der Tabletten warnen. Das war auch der Grund, Antje wenige Monate später aus dem DDR-Hochleistungssport herauszunehmen“, sagte Misersky. Gleichmann lehnte eine Stellungnahme ab.“ (FAZ, 16.2.1995)

Kämpfe, Ulrich Dr.

Die in der angesprochenen Studie mit 15 jährigen Gewichthebern festgestellten ‚progressiven Leistungssteigerungen‘ waren aber nicht von Dauer. Einer der damals 15 jährigen meinte 1990,
„ich habe stagniert in der Leistung … Wahrscheinlich auch schon ein bisschen ausgepumpt durch dieses frühe Hochtreiben in diese Leistungsbereiche. …. Im übrigen, das ging allen so in diesem Jahrgang, es ist jetzt keiner mehr dabei, also man kann sagen, dass die verheizt worden sind.“

In den 80er Jahren arbeitete Dr. Ulrich Kämpfe am Forschungsinstitut für Sport und Körperkultur (FKS).

Dr. U. Kämpfe arbeitete mit Gewichthebern zusammen und führte gemeinsam mit Dr. Lathan 1980/81 die >>> hier angesprochene Studie an minderjährigen Gewichthebern durch. Unterstützt wurde er bei seiner Arbeit von seiner Ehefrau Elke. Elke Kämpfe war an begleitenden Rattenversuchen beteiligt. (Berendonk, S. 185f)

Dokumentiert ist, dass U. Kämpfe (FKS) eingeladen war an einer wissenschaftlichen Konferenz am 5. 11. 1986 teilzunehmen, auf der die ‚Arbeitsrichtung Psychotrope Substanzen im Staatsplanthema 14.25‘ erörtert werden sollte. (Spitzer, Doping, S. 312)

Kögler, Karin Dr.

Dr. Karin Kögler war in den 70er Jahren Ärztin beim TSC Berlin, verantwortlich für die Sektion Leichtathletik. Anfang der 80er Jahre war sie für andere Funktionen eingeplant, so sollte sie u.a. Verbandsärztin für Leichtahletik im DVfL der DDR werden. Beim TSC Berlin arbeitete sie eng mit den Leichtathletik-Trainerehepaar Helga und Peter Börner zusammen. Helga Börner trainierte u. a. Brigitte Michel, die heute unter schweren gesundheitlichen Schäden leidet und anerkanntes DDR-Dopingopfer ist. Die Trainerin verlangte von ihren Mädchen ähnlich hohe Trainingsumfänge wie bei Männern üblich und verordnete die fünffache Menge an ‚unterstützenden Mitteln‘ als für Männer nach Plan vorgesehen. Möglich war dies nur durch das Einvernehmen mit Karin Kögler.

„Offensichtlich war sie sehr wichtig für das MfS, denn ihre Akte mit den schweren Vorwürfen durch den IM ‚Kurt‘ wurde nicht archiviert. Erst im Wendeprozess wurde die Akte mühevoll von Hand zerrissen: jedes Blatt acht bis sechszehn Mal… Vor einiger Zeit konnten die ‚vorvernichteten‘ Papierstücke in Zirndorf zusammengesetzt werden. Die in der Aktebenannten Sportlerinnen und Sportler sind heute gesundheitlich schwer geschädigt.“

Zitat aus dem IM Kurt-Bericht, 9.7.1980:

„Ich behaupte, durch meine langjährigen Erfahrungen mit diesen Problemen vertraut, daß eine Vielzahl erreichter Leistungen besonders im weiblichen Wurfbereich, auf eine überdurchschnittliche Verabreichung zurückzuführen sind, die in jedem Fall einen rasanten Leistungsanstieg garantieren und danach die Stagnation der Leistung provozieren. Die Leistungsentwicklungen von …. usw., sind ein deutliches Beispiel, wobei die gesundheitlichen Probleme von … dies in jedem Fall unterstreichen. Somit wurde die Quantität der UM vor die Qualität des Trainings gestellt und der Problemkreis hat sich geschlossen.“ (Spitzer, Sicherungsvorgang, S. 551f)

Mehr Informationen zu >>> Brigitte Michel

Köhler, Eberhard Dr.

In der 70er Jahren war Dr. Köhler Leitender Oberarzt der Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle des SC Magdeburg sowie stellvertretender Bezirkssportarzt in Magdeburg und Leipzig. Später leitete er die Sportärztliche Hauptberatungsstelle in Leipzig. In den 80er Jahren war er zudem Vizepräsident des DTSB und gehörte ab 1985 der ‚Kleinen Leistungssportkommission‘ gemeinsam mit Ewald, Hannemann, Eichler und Röder an.

siehe hierzu auch
>>> Jörg Sievers, Schwimmer, gestorben mit 16 Jahren

Eberhard Köhler leugnete stets in das Dopingsystem der DDR eingebunden gewesen zu sein. Auf die Frage, ob er von Minderjährigen-Doping in der DDR wusste, meinte er einmal, er könne das weder bestätigen noch dem widersprechen.

Es ist davon auszugehen, dass Dr. Köhler zu den Mitverantwortlichen des DDR-Dopingsystems gehörte, in den 70er wie in den 80er Jahren. Die Bezirkssportärzte verteilten die Dopingpräparate nach den Vorgaben des Sportmedizinischen Dienstes (SMD). Dies wurde bestätigt durch eidesstattliche Versicherungen des ehemaligen Oberarztes der Sportärztlichen Hauptberatungsstelle Magdeburg, Dr. Klaus Rönnebeck, wonach Köhler für den Einsatz der UM einschließlich Anabolika für die Sektionen des SC Magdeburg verantwortlich war. Er habe die Sektionsärzte eingewiesen und die Mittel weitergegeben.

Giselher Spitzer fand Unterlagen in der Gauck-Behörde, wonach Köhler eine nach Sportarten getrennte Dopingbuchführung eingeführt habe.

„Der Nachweis wird von Gen. Dr. Köhler auf offenen Karteikarten mit Namen der Sportler, Art und Menge der ausgegebenen Präparate, Datum, Bestand beim jeweiligen Sektionsarzt und Unterschrift des Sektionsarztes geführt“, heißt es in dem Bericht vom 23. April 1985.“ (Berliner Zeitung, 5.2.2000, svl.ch)

Als IM ‚Werner Weiß‘ berichtete Köhler zudem viele Jahre lang ‚zuverlässig‘ und war ‚interessiert an der Einhaltung der Konspiration‘.

Krocker, Bodo Dr.

Dr. Bodo Krocker war in den 70er und 80er Jahren Chef-Arzt der Sportmedizinischen Hauptberatungsstelle Cottbus und Bezirkssportarzt. Zudem vertrat war er DDR-Mannschaftsarzt der Leichtathletik und fungierte in dieser Funktion bei den Olympischen Spielen in Seoul. Anfang 2010 wurde bekannt, dass der Arzt ab 1977 als Inoffizieller Mitarbeiter „Wartburg“ der Stasi verpflichtet war. 1981 wurde er zum IME, zum Stasiexperten, hochgestuft. 2010 64 Jahre alt, praktiziert er als Allgemeinmediziner und Chiropraktiker in einer Gemeinschaftspraxis in Cottbus. Er gehörte bis 2010 den Prüfausschüssen für Chirotherapie und Sportmedizin der Landesärztekammer Brandenburg an und führte als wissenschaftlicher Leiter Fortbildungsmaßnahmen durch (B. 16.6.2010).

In einem Stasi-Treffbericht 1979 zu „Problemen des Geheimnisschutzes in Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1980 in Moskau“ bezeichnet sich Krocker selbst als „verantwortliche(r) Arzt für alle Probleme im Zusammenhang mit den unterstützenden Mitteln“, also Doping. „Die Unterstützenden Mittel werden durch die Ärzte festgelegt und den Trainern zur Verabreichung an die Olympia-Kader überreicht.“ (dradio, 5.6.2010)

2010 leugnete Krocker jedoch diese Stasi-Verpflichtungen.

Im Januar 2010 verstarb Birgit Uibel, geb. Sonntag, erfolgreiche 400m-Hürden-Läuferin der DDR in den 80er Jahren mit 48 Jahren. Birgit Uibel war anerkanntes DDR-Dopingopfer. Bereits mit 15 Jahren hatte sie in ihrem Club SC Cottbus anabole Steroide erhalten. Sie litt an schweren Schäden von Leber- und Schilddrüse, an Rücken-Akne, unter Geschwülsten am Oberschenkel und hatte eine schwerbehinderte Tochter.

Birgit Uibel sagte 1997 vor der Zentralen Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) aus und belastete dabei Club-Arzt Bodo Krocker und ihrem Trainer Siegfried Elle schwer.

Thomas Purschke zitiert aus dem Vernehmungsprotokoll (1997) von Birgit Uibel:

Alle 14 Tage musste ich Blut und Urin abgeben. Dieses erfolgte in der Sportmedizin Cottbus mit eigenem Labor. Der Arzt Krocker war dort auch Chef. Diese regelmäßigen Kontrollen wurden bei mir ab 1979 – ich war 16 Jahre alt – durchgeführt. Dieses war auch der Zeitpunkt, wo ich erstmals unterstützende Mittel erhalten habe.

Mein Trainer Siegfried Elle sagte mir, dass ich wegen eines Gespräches zum Arzt Krocker gehen müsse. Ich wurde allein dort vorstellig. Dr. Krocker versuchte mir zu erklären, warum ich diese unterstützenden Mittel nehmen müsse. Ich würde durch diese Einnahme der Mittel bessere Leistungen erzielen und dadurch an großen Wettkämpfen teilnehmen können. … Als 16-jähriges Mädchen vertraute ich ihm bedingungslos. Ich stellte keine Fragen, weil ich ja auch innerlich bereit war, sportliche Erfolge für mich und mein Land zu erzielen.

„Dass Doping- und Stasiverstrickungen wie die von Bodo Krocker so spät bekannt werden, wundert Professor Giselher Spitzer nicht. An der Humboldt-Universität in Berlin forscht er seit Jahren zu diesem Thema. Für die DDR sei Doping nur in Umrissen erforscht. Das Geschehen in den Sportclubs der Bezirke liege noch weitgehend im Dunkeln. „Bis heute ist beispielsweise nicht bekannt, wie viele Strafbefehle in Zusammenhang mit der Vergabe von Dopingmitteln in der DDR insgesamt überhaupt erlassen wurden.“ Diese fehlende Aufklärung sei ein großer Mangel, so Spitzer. „Jeder neue Einzelfall der zufällig ans Licht kommt, ist eine Belastung für den Sport.““
(LR, 6.7.2010)

Der Arzt Krocker übergab mir dann an diesem Tag einen Briefumschlag mit kleinen blauen Pillen. Ein Medikamentenname war nicht zu erkennen. Diese Pillen sollte ich morgens einnehmen und abends dann die Anti-Baby-Pille. Mit der Anti-Baby-Pille sollte auch eine vorzeitige Schwangerschaft verhindert werden. Gleichzeitig forderte mich der Arzt Krocker zur strengsten Verschwiegenheit darüber auf. Ich sollte mit niemanden über die Einnahme dieser blauen Pille reden. …“ (dradio, 17.1.2010)

Birgit Uibel sagte auch im Berliner Dopingprozess im Jahr 2000 aus.

Brigitte Berendonk zitiert aus Aufzeichnungen des DVfL-Chefarztes Hartmut Riedel über eine geheime Ärztekonferenz in Kienbaum 1986/87. Erarbeitet wurde der Plan für ein erfolgreiches Jahr der Leichtathleten 1987, insbesondere hinsichtlich der WM in Rom. Die Ärzte Höppner, Kadow, Krocker, Wendler, Schwanitz, Tepper, Hommel, Riedel und Schubert legten genaue Anwendungsanweisungen bezüglich der Unterstützenden Mittel einschließlich ausführlicher Angaben zum Überbrückungsdoping (Zweck Verhinderung positiver Tests im Wettkampf) fest. (Berendonk, 1992, S- 224ff)

Das Amtsgericht Cottbus ermittelte gegen Krocker und verhängte 2000 einen Strafbefehl (Geldstrafe). Das Gericht erklärte ihn

„mitverantwortlich für die Verabreichung von Dopingpräparaten an etwa ein Dutzend Sportler des SC Cottbus.“. Öffentlich bekannt wurde dieser Strafbefehl erst Anfang 2010, die Brandenburger Landesärztekammer war jedoch informiert. „Dort saß Bodo Krocker in den beiden Prüfausschüssen für Chirotherapie und Sportmedizin. Die Kammer sah jedoch keine Notwendigkeit zu handeln. Mit der juristischen Bestrafung sei auch die vorliegende Verletzung seiner berufsrechtlichen Pflichten in vollem Umfang abgegolten. Eine „Doppelbestrafung“ dürfe es nicht geben. Krocker behielt seine Sitze in beiden Prüfgremien der Landesärztekammer. Erst vor wenigen Monaten schied der inzwischen 64-Jährige dort aus.“ (LR, 6.7.2010)

In Folge ermittelte die Landesärztekammer Brandenburg laut Justitiar wegen der Stasi-Anschuldigungen und ist auf der Suche nach Beweismitteln. Über Ergebnisse ist mir nichts bekannt.

Prochnow, Thomas (früher Ferkl) Dr.

Thomas Ferkl, in den 80er Jahren Mitarbeiter des Forschungsinstituts für Körperkultur und Sport (FKS) promovierte 1988 mit einer Arbeit über den Dopingmitteleinsatz im Mittel- und Langstreckenlauf („Zu ausgewählten Wechselbeziehungen von Training, Einsatz unterstützender Mittel undeffektiver Leistungsentwicklung im leichtathletischen Mittel-, Langstrecken und Marathonlauf“, zitiert nach Berendonk 1992).

Nach der Wende nahm Ferkl den Namen seiner Frau Prochnow an. 1991 arbeitete er als Übungsleiter beim SC Charlottenburg Berlin. 2010 ist Prochnow Geschäftsführer des Universitätssportverines Halle USV. Er arbeitet als Trainer und ist Autor verschiedener Lauf-Bücher.

„Prochnows Dissertation enthält die Dosierung illegaler Jenapharm-Präparate bei Auswahlkadern zwischen 1980 und 1986 – laut Gutachten „in dieser Komplexität erstmals vorgelegt“. Fraglich, ob die unbescholtenen Doktoren ihr Know-how offen legen für die Geschädigten. Von denen wissen viele nämlich bis heute nicht, womit sie in welcher Menge traktiert wurden.“
(G. Hartmann, 1.7.2005)

Anfang der 90er Jahre wurde ihm allerdings der Doktortitel durch den Freistaat Sachsen gestrichen, da er seine Arbeit nicht vorlegen konnte. Prochnow klagte dagegen und legte Gutachten vor. Er behauptete stets, nie eigene Versuche mit Athleten durchgeführt zu haben. 1988 hatte er seine Tätigkeit beim FKS aufgegeben, angeblich wegen ‚medizinischer Bedenken‘. Das genügte dem Gericht. Prochnow erhielt seinen Doktortitel zurück. Die Arbeit selbst blieb verschwunden. (Grit Hartmann, 21.7.2005)

Brigitte Berendonk legte einen Bericht Ferkls vor zu ‚Untersuchungen zum Einsatz von M1 und M2 im Mittel- und Langstreckenlauf sowie im Marathon der Leichtathletik. Die Untersuchungen fanden mit 15 Sportlern zwischen 1983 und 1988 statt.

„Die dataillierten Empfehlungen zum stufenweisen Einsatz zuerst von OT (M1) [Oral-Turinabol], dann von M1-M2-Kombinationen und schließlich nur von M2 (STS 646), gegliedert nach Trainingszyklen und Hallen- und Freiluftsaison, lassen den Beitrag des ausgeklügelten Hormondopings zum Erfolg der DDR auf den Mittel- und Langstrecken, besonders der Frauen, erkennen.“ (Berendonk 1998, S. 129, Dokument S. 346-348)

Rösler, Dorit

Dorit Rösler war von 1980 bis 1989 Sektionsärztin Schwimmen beim Turn- und Sportclub Berlin (TSC). Doping war an der Tagesordnung. Aufgrund dessen standen 1998 5 Mitglieder des TSC, die Ärzte Dorit Rösler und Ulrich Sünder, sowie die Trainer Peter Mattonet, Berndt Christochowitz und Klaus Klemenz in Moabit vor Gericht. Nebenklägerin war Karen König. Es war der zweite Dopingprozess. Alle Angeklagten legten ein Geständnis ab.

„Eine der in der Anklageschrift genannten Sportlerinnen kann infolge des Anabolikakonsums keine Kinder bekommen. „In der DDR wurde gedopt. Das war aus medizinischer Sicht nicht vertretbar“, sagte Frau Rösler, die wie die anderen Angeklagten sichtlich mitgenommen war. Sie habe sich der „Weisung von oben“ gefügt. „Ich war viel zu hörig. Was vor mir war, hatte Rang, Namen und Auszeichnungen.“ Bei Nachfragen habe ihr der Verbandsarzt, Lothar Kipke, lediglich mitgeteilt, sie habe die Gesundheit der Sportler sicherzustellen.“ (Berliner Zeitung, 19.8.1998)

Nach zwei Tagen wurden die Urteile gefällt, drei Mal Geldstrafen, zwei Mal Geldbußen. Dorit Rösler wurde wegen vorsätzlicher Körperverletzung in 9 Fällen zu einer Geldstrafe von 7 200 Mark verurteilt (Berliner Zeitung, 21.8.1998, Berliner Zeitung, 21.8.1998)

„Der Vorsitzende Richter Jürgen Warnatsch sah es in seiner Urteilsbegründung „als erwiesen“ an, daß der Trainer und die beiden Ärzte in der Zeit von 1979 bis 1989 an der Vergabe des Hormonpräparates Oral-Turinabol an Schwimmerinnen des TSC beteiligt waren. Die Kammer sei froh, „daß man den jungen Frauen demütigende Untersuchungen und quälende Fragen über ihr Intimleben“ habe ersparen können, erklärte Warnatsch. Sei es doch bei der Urteilsfindung nicht darauf angekommen, „bei den Opfern Nebenwirkungen oder Folgeschäden“ nachzuweisen. Für die Feststellung des Straftatbestandes Körperverletzung habe schon ausgereicht, daß den Schwimmerinnen „das Medikament Oral-Turinabol medizinisch nicht indiziert“ verabreicht worden sei. Dieser „künstliche Eingriff in den Hormonhaushalt“ sei einzig mit dem Ziel verfolgt worden, „einen Muskelzuwachs und damit eine unnatürliche Leistungssteigerung“ zu erlangen – auch um den Preis schädlicher Nebenwirkungen, von denen die Angeklagten mit Sicherheit gewußt hätten.Es sei nicht entschuldbar, daß die Angeklagten trotz dieses Wissens nicht die nötigen Konsequenzen gezogen hätten, sagte Warnatsch. „Sie haben aus Eigennutz gehandelt“, und es wäre „ihnen zumutbar gewesen, sich diesem System der staatlich angeordneten Kriminalität zu entziehen“.“ (die Welt, 21.8.1998)

2014 erklärte Dorit Rösler in einer Dokumentation des NDR:
„“Am erfolgreichsten war die Gabe von Oral-Turinabol, wenn man es jemandem gab, der schon am Treppchen klopfte.“

„Es war in unserer Abteilung Club I das normalste der Welt. Es waren mehrere Zimmer. Im Nachbarzimmer saß Sektionsärztin Wasserspring und Volleyball. Hinten im Zimmer 2 Sektionsärzte Leichtathletik. Es war so ein Team. Beim Oberarzt im Oberarztzimmer mit einer großen Ecke, in der wir alle Platz nehmen konnten wenn Besprechungen waren. Da stand der Panzerschrank, da war dieses Depot drinne und dort wurde ausgegeben, was angeordnet wurde.“

„Ich habe ja selbst nicht mal empfunden, dass ich ihr was gebe, in dem Sinne, dass ich ihr was Schlechtes antue. Hab ich überhaupt nicht empfunden damals.“

„Ja, aber nun sind wir wieder bei dem Problem, das ganze Netzwerk funktioniert. Der Professor Gynäkologe kommt lächelnd raus, alle finden die Welt in Ordnung … wir arbeiten prima.“

„Es gab da im Kollegenkreis niemand, der mal ein Aufbegehren zeigte, wo … man vielleicht stutzig geworden wäre. ….“

„Und im Sport war es ja auch so. Wenn der Oberarzt, wenn der Chef, wenn alle denken, ooh, gut wie ihr das macht, wunderbar. Und keiner über andere Sachen redet, dann fährt man immer wieder auf diesem Zug mit. Man bleibt im selben Wagon drinne, und es war auch keiner da, der für mich die Tür aufgemacht hat, wo ich hätte wach werden können.“

„Wenn mir einer das geben würde oder ich habs überhaupt bekommen und muss mit der Unsicherheit leben, was nun kommt, dann wäre genau diese Empörung da, die heute die Sportler ham, die schon minderjährig die Mittel bekommen haben oder volljährig nicht aufgeklärt wurden. … Ja, das ist ein trauriges Kapitel.“ (NDR.de, Doping-Trauma der DDR, 7.5.2014)

Tausch, Horst Dr.

Dr. Horst Tausch war von 1985 bis 1989 leitender Arzt des Deutschen Schwimmsport-Verbandes als Nachfolger von Dr. Lothar Kipke.

Anfang des Jahres 2000 wurde der Arzt zu einer Gefängnisstrafe von 10 Monaten auf Bewährung verurteilt. In dem Strafbefehl gegen ihn vom 4. Juni 1999 werden namentlich 22 Schwimmerinnen aufgeführt, die während der Zeit seiner Verantwortung als Verbandsarzt des DSSV ab 1985 in Programme mit unterstützenden Mitteln einbezogen waren und unter seiner Mitwirkung Anabolika erhalten hatten.

Das Urteil erhielt die Bewährungsauflage, sich bei bei den Athletinnen zu entschuldigen. In einem Brief, den er Karen König u.a. schrieb, formulierte Tausch:

„… haben in unterschiedlicher Ausprägung Ärzte und Trainer subjektiv Schuld auf sich geladen. In meiner Funktion als Verbandsarzt des DSSV … trifft das insbesondere auch auch mich zu. Ich habe dieses System mitgetragen und akzeptiere die Ihnen sicherlich bekannten juristischen Konsequenzen, die sich für mich daraus ergeben haben. Zwar möchte ich für mich in Anspruch nehmen, daß ich sofort nach der Ernennung zum Verbandsarzt die Zahl der einbezogenen Sportler und die mögliche Gesamtdosis deutlich reduziert habe … In Summe bleibt aber der Tatbestand, daß zwar ab 1985 eine erhebliche Reduzierung der erkennbaren Nebenwirkungen im DSSV zu verzeichnen war, an der moralischen und juristischen Wertung der Verabreichung von Anabolika sich dadurch aber kaum etwas ändert.

Für den Zeitraum, in dem ich als Verbandsarzt Verantwortung getragen habe, möchte ich mich bei Ihnen – sollten Sie mit der Verbandskonzeption u. M. konfrontiert worden sein – entschuldigen. Dieser dunkle Aspekt des DDR-Leistungssports bleibt für mich eine bedrückende Lebenserfahrung.“ (zitiert nach Seppelt/Schück, Kinderdoping S. 258/259)

Aus dem handschriftliche IM-Treffbericht von 1977, in dem über Konzeption und Durchführung eines Anabolika-Großversuchs in der Schwimm-Nationalmannschaft der DDR berichtet wurde, geht hervor, dass Sektionsarzt Horst Tausch vom SC Turbine Erfurt als ein Vertreter der Sportärztlichen Hauptberatungsstellen des SMD in den Großversuch einbezogen war. Vom SC Turbine Erfurt nahm auch Trainer Wolfgang Fricke daran teil.

Fragen stellen lassen musste sich Horst Tausch wieder 2003, nachdem bekannt geworden war, dass Schwimmer Torsten Karl, Anfang der 80er Jahre erfolgreich, im Alter von 40 Jahren an den Folgen eines Gehirntumors gestorben war. Der Athlet gehörte dem SC Turbine Erfurt an ebenso wie die Schwimmerinnen Birte Weigand und Cornelia Sirch, die ebenfalls unter schweren gesundheitlichen Problemen leiden (beide sind in der Strafbefehl-Liste von 1999 aufgeführt.) (Sportgericht, 28.4.2003)