1990 BAL-Antidoping-Erklärung

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Bundesausschuss Leistungssport (BAL)
Antidoping-Erklärung Dezember 1990

Am 15. Dezember 1990 wurde auf dem Bundestag des Deutschen Sportbundes DSB in Hannover feierlich die Vereinigung des deutschen Sports vollzogen. Die Monate zuvor waren nicht konfliktfrei gewesen. Das Thema Doping nahm dabei einen breiten Raum ein. Einigkeit herrschte nun zu Ende des Jahres auf allen Ebenen des deutschen Leistungssports darüber, sich gegen Doping aussprechen zu müssen.

Mehr Informationen über diese bewegten Wendejahre sind hier zu finden:

>>> Wiedervereinigung / Wendejahre

Auch der Bundesausschuss für Leistungssport BAL, sah sich genötigt im Dezember 1990 eine Erklärung abzugeben und Antidoping-Maßnahmen vorzuschlagen. Kritiker, auch erfahrenen Sportler hatten dem BAL über viele Jahre hinweg, seit den 70er Jahren immer wieder vorgehalten, mit seinen Leistungsanforderungen und Auswahlkriterien in einigen Sportarten wie der Leichtathletik einen Zwang zum Dopen ausgeübt zu haben. Zudem hatten Äußerungen einiger BAL-Funktionäre nicht selten den Eindruck entstehen lassen, dass der Medikamentenmissbrauch toleriert worden war.

BAL-Antidopingerklärung:

1. Doping ist ein weltweites Problem. Die Anwendungsformen reichen vom staatlichen gesteuerten und geförderten System bis zur individuellen und damit unsystematischen Anwendungsform.

2. Der Deutsche Sportbund und das Nationale Olympische Komitee sind in ihrer Grundsatzerklärung zum Leistungssport für einen humanen Leistungssport ohne manipulative Hilfsmittel eingetreten. (>>> Grundsatzerklärungen 1977/1983) Die Grundsatzerklärung zum Kinder- und Jugendsport ist einmalig in der Welt.

3. Der Bundesausschuß Leistungssport (BAL) hat nach den Olympischen Spielen von Seoul mit der Bekämpfung des Dopings durch ein Pilotprojekt begonnen. Seit August 1990 wurden Maßnahmen zur Dopingbekämpfung auf den Bereich der ehemaligen DDR ausgedehnt. In über 400 Dopingproben im Trainingsprozeß gab es eine positive Analyse. Die Kontrollen erfolgen in voller Übereinstimmung mit dem Beirat der Aktiven.

4. Der BAL wird seine Doping-Kontrollmaßnahmen der Vorbereitungs- und Trainingsphasen erheblich erweitern und auf alle Sportarten ausdehnen, um eine flächendeckende Kontrolle zu garantieren. Der Deutsche Sportbund begrüßt in diesem Zusammenhang das Angebot der deutschen Wirtschaft, sich an der Finanzierung dieser Maßnahmen zu beteiligen.

5. Der BAL vertritt unverändert den Standpunkt, daß die notwendigen Kontrollen mit einer Intensivierung der Aufklärung verbunden sein muß. Die vom BAL erarbeiteten Informationen für Athleten werden vermehrt und verstärkt. Sie werden durch Informationsveranstaltungen mit Spitzenathleten ergänzt.

6. Der BAL begrüßt die Initiative von DSB und NOK für Deutschland, durch eine unabhängige Kommission unter Leitung des Präsidenten des Bundessozialgerichts, Herrn Hermann Reiter, Grundlagen der Leistungssportförderung aus moralischen, ethischer und rechtlicher Sicht zu überprüfen. (>>> Reiter-Bericht 1991

7. Der BAL wartet nicht auf internationale Lösungsvorschläge. Er ist vielmehr

bereit, in der Bekämpfung von Manipulationen eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Er wird dabei durch den Beirat der Aktiven voll und ganz unterstützt.

8. Der BAL erwartet eine rückhaltlose Aufklärung der konkreten und der bislang bekannt gewordenen pauschalen Vorwürfe. Er fordert die Spitzenverbände auf diese Vorwürfe sorgfältig zu klären und sie in bewiesenen Fällen unter Einbeziehung der internationalen Förderationen zu ahnden. Dazu gehört auch, die Aberkennung von erzielten Rekorden und gewonnenen Medaillen.

9. Der BAL ist der Auffassung, daß Funktionäre, Trainer, Ärzte und weitere Mitarbeiter im Umfeld der Athleten die Verantwortung für Doping-Manipulationen haben, nicht mehr tragbar sind

10. Das Fair-play im Sport erfordert, daß sich Athleten, die bewußt an Manipulationen beteiligt waren, offenbaren. Den Spitzenverbänden wird empfohlen, ein solches Verhalten unter Beachten des internationalen Reglements zu würdigen.

11. Die Spitzenverbände werden aufgefordert, Athleten, die keine schriftliche Einverständniserklärung zu Trainingskontrollen abgeben, weder für Welt- oder Europameisterschaften, noch zu sonstigen internationalen Wettkämpfen zu nominieren und sie auch nicht in den Kader zu berufen. Bei der Nominierung für internationale Wettkämpfe wird den Spitzenverbänden geraten, zusätzliche Kontrollen vorzunehmen.

12. Der BAL wird eine interdisziplinäre Beratungs- und Kontroll-Kommission einsetzen. Sie unterstützt die Spitzenverbände in dieser schwierigen Phase.

Professor Dr. Rolf Andresen, Leitender Direktor des BAL:

„Der BA-L wird mit Beginn des Jahres 1991 die bestehenden Trainingskontrollen ausweiten und die Aufklärungsarbeit bis in den Jugendbereich verstärken. Eine bereits vorliegende Broschüre gegen Dopingmißbrauch wird auch allen Nachwuchsathleten zugestellt.

Der BA-L richtet sofort eine Gruppe ein, der unter anderem Juristen und Mediziner angehören, die die Verbände bei der Verfolgung konkret gewordener Dopingfälle beraten soll.“ (SPORT spezial, 1-2/1991)